Ebere, David und Stanley aus Nigeria sind seit Januar 2014 Mitglied im DRK und engagieren sich als Ehrenamtliche in den Bereitschaften und im Jugendrotkreuz. Zuvor hatte Daniela Jörg aus dem Kreisverband Nordschwaben in Bayern Kontakt zu den Geflüchteten aufgenommen, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind.
Im Interview haben wir Daniela näher zu ihrer Zusammenarbeit befragt:
Daniela, wie bist du auf die Idee gekommen, die Bewohner des Wohnheims in die Verbandsarbeit einzubeziehen?
Die Idee entstand eher zufällig und sehr spontan. Ich hörte von einem Informationstreffen meiner Stadt und des zuständigen Landratsamtes zur Situation der bei uns beherbergten Geflüchteten. Ich ging dorthin – nicht als Mitglied des Roten Kreuzes, sondern weil es mich persönlich interessierte – und neben dem Bürgermeister und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes sprachen auch die Geflüchteten selbst. Sie sagten, dass sie sich in Harburg willkommen fühlen und dass es ihnen hier so weit gut gehe. Aber ihnen fehle der Zugang zu Bildungsangeboten und eine sinnvolle Beschäftigung. So kam mir plötzlich in den Sinn, Erste-Hilfe-Kurse anzubieten.
Schöne Idee! Wie bist du dann weiter vorgegangen?
Ehrlich gesagt war mein erster Gedanke: "Oh Gott, wie soll ich das machen…", aber dann legte ich einfach los. Bei unserem Kreisverband regelte ich Dinge wie Finanzierung des Kurses, Teilnahmebestätigungen und Material. Zu Hause übersetzte ich den kompletten Erste Hilfe-Kurs ins Englische und dann ging es los. Und ich muss sagen, dass diese Kurse zu den schönsten gehören, die ich je gehalten habe! Es scheint, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ebenso begeistert waren.
Wie ging es nach den Kursen weiter?
Danach kamen Ebere, David und Stanley auf mich zu und fragten, ob es möglich wäre, weitere Kurse zu belegen, denn sie wollten noch mehr lernen. So kam ich auf die Idee, sie in die örtliche Rotkreuz-Gruppe zu integrieren.
Inwiefern wurdest du dabei vom Verband unterstützt?
Die überwiegende Anzahl der Menschen, mit denen ich darüber spreche, ist begeistert von der Idee. Mein zuständiger Kreisverband – allen voran unser Kreisgeschäftsführer – unterstützt mich finanziell und materiell, Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler in der örtlichen Gruppe unterstützen mich moralisch und das örtliche JRK unterstützt mich mit gemeinsamen Gruppenstunden.
Sind während der ganzen Organisation Schwierigkeiten aufgetaucht?
Eines unserer größten Probleme ist momentan noch die Mobilität von David, Ebere und Stanley. Sie wohnen sieben Kilometer weg vom Rotkreuz-Haus ohne wirkliche Busanbindung, so dass ich sie zu jeder Aktivität abholen muss. Hier müssen wir noch eine Lösung finden. Eine andere Schwierigkeit bestand darin, dass ich anfangs alles alleine organisieren und planen musste. Allerdings ist das nicht zu schaffen, so bin ich nun dabei, mir ein kleines Team aufzubauen, welches mich in vielen Dingen unterstützt. Manchmal gibt es Missverständnisse, die kulturell bedingt sind deshalb in bestimmten Situationen entstehen. Das wichtigste dabei ist eine offene Kommunikation. Wenn mir oder ihnen etwas auffällt, sprechen wir das direkt an und versuchen, das Missverständnis in der Gruppe zu lösen. So lerne ich viel über die nigerianische Kultur und die drei umgekehrt vieles über unsere, und so lernen wir alle nebenbei eine ganze Menge für‘s Leben.
Welche Erfahrungen und Kompetenzen bringen David, Stanley und Ebere in den Verband ein?
Zum einen sind sie sehr interessiert und wissbegierig. Es macht Spaß, ihnen die Rotkreuz-Arbeit näher zu bringen. So reflektieren auch wir unsere Arbeit besser und sehen Dinge, die sonst verborgen bleiben und nicht optimiert werden würden. Zum anderen wollen wir weitere Erste Hilfe-Kurse für andere Geflüchtete im Landkreis anbieten und hier sind David, Stanley und Ebere unverzichtbar. Deshalb planen wir, sie als Ausbilder mit einzusetzen. Damit erreichen wir gleich mehrere Ziele: Die drei werden ins Rote Kreuz integriert und ihre Arbeit wird wertgeschätzt. Außerdem schaffen sie es in den Kursen viel besser als wir selbst, einen vertrauensvollen Umgang mit anderen Geflüchteten aufzubauen. Sie können ihnen auch Mut geben, dass sie trotz ihrer schwierigen Situation etwas in ihrem neuen Land und Leben aufbauen können.
Die Fragen stellte Jessica Fritz